Der Beikostplan für die Einführung von Beikost wird noch immer von vielen empfohlen, einschließlich Kinderärzten. Dabei gibt es diverse Gründe, die gegen diesen Plan sprechen. Lese hier, warum der Beikostplan veraltet ist und immer häufiger kritisiert wird. Zudem zeige ich dir, wie du den Beikoststart mit Babybrei besser gestalten kannst.
Inhalt
Was ist Beikost?
Beikost bezeichnet die Nahrung, die Babys zusätzlich zur Mutter-/ Säuglingsmilch erhalten.
In den ersten 12 Monaten ist die Mutter-/ Säuglingsmilch die wesentliche Ernährung des Kindes. Ab Beikoststart wird sie nach und nach durch Lebensmittel ersetzt.
Diese Lebensmittel werden entweder püriert gefüttert (Babybrei) oder als altersgerechtes Fingerfood zum selber Essen angeboten (oft “Baby Led Weaning” oder “babygeführte Entwöhnung” genannt).
Ebenso ist eine Kombination von Babybrei und Fingerfood möglich.
Warum ist der Beikostplan nicht mehr zu empfehlen?
Beikostplan der Kriegszeit
Der Beikostplan stammt ursprünglich aus dem Jahr 1939 und ist darauf ausgelegt, möglichst zügig (im ersten Lebensjahr) abzustillen. Das war zu der Zeit notwendig, da
- in der Zeit Krieg herrschte und Frauen keine Zeit hatten, sich lange um ihre Kinder zu kümmern oder länger zu stillen
- Pre-Milch / Folgemilch erst in den 50er Jahren verstärkt genutzt wurde und verfügbar war
Ein schnelles und frühes Abstillen war aufgrund der besonderen Situation notwendig. Der Beikoststart erfolgte daher oft schon ab dem 4. Monat.
In diesem Alter sind Babys nicht in der Lage, selber zu essen. Sie können die Lebensmittel nur aufnehmen, wenn diese fein püriert werden. Deshalb wird beim Beikostplan in den ersten Monaten ausschließlich Brei gefüttert.
Mittlerweile wurde der ursprüngliche Beikostplan zwar etwas angepasst, dennoch ist der Plan weiterhin auf ein schnelles Abstillen ausgerichtet.
Hinweis: Der Beikostplan stammt aus dem Erziehungsratgeber “Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind” von Johanna Harrer. Dieser Ratgeber sollte Mütter im Nationalsozialismus zu einer richtigen (gewöhnlich einer harten) Erziehung der Kinder animieren. Allein diese Tatsache ist Grund genug, den Beikostplan ernsthaft zu hinterfragen.
Beikosteinführung zu früh
Im Jahr 1939 wurde im Beikostplan empfohlen, dass Babys bereits ab dem 4. Monat den ersten Obstbrei erhalten.
Diese Angabe gilt so nicht mehr. Die offizielle Empfehlung in Deutschland ist, ab der 17. Woche mit der Beikost zu beginnen. Zudem heißt es, dass Babys spätestens mit 26 Wochen Beikost bekommen sollen.
Hinweis: Es gibt auch heute noch immer einige Kinderärzte, die eine Beikosteinführung mit 4 Monaten empfehlen.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) dagegen empfiehlt, dass Babys die ersten 6 Monate komplett gestillt bzw. Säuglingsmilch erhalten sollen.
Erst danach kann die Beikosteinführung beginnen, sofern alle drei Beikostreifezeichen erfüllt werden:
- aufrecht Sitzen ohne oder mit geringer Unterstützung
- Baby kann Objekte gezielt in die Hand nehmen und zum Mund führen
- Essen wird nicht reflexartig aus dem Mund geschoben
Das heißt, der Beikostplan empfiehlt auch heute noch einen früheren Beikoststart als die WHO.
Schneller Ersatz der Milchmahlzeiten
Der Beikostplan ist darauf ausgelegt, im ersten Lebensjahr abzustillen. Daher wird die Breimenge relativ schnell erhöht. Das mag bei manchen Babys klappen, für andere ist dies zu schnell.
Ein Lebensmittel nach dem anderen
Im Beikostplan wird empfohlen, ein Lebensmittel nach dem anderen zu geben. Zwischen den einzelnen Lebensmitteln sollten ein paar Tage Abstand sein, um eine mögliche allergische Reaktion erkennen zu können.
Neuere Studien haben ergeben, dass es wichtig ist, Babys schon früh eine Vielfalt an Lebensmittel und auch an Konsistenzen zu geben. Denn das führt häufig dazu, dass Kinder später nicht so wählerisch sind beim Essen und eher neue Lebensmittel probieren.
Auch in Bezug auf die Vermeidung von Allergien haben Studien gezeigt, dass ein frühzeitiges Anbieten allergener Lebensmittel das Risiko einer Allergie reduziert und daher gut ist.
Zu lange pürierte Lebensmittel
Laut Beikostplan wird erst mit 10 Monaten auf Familienkost übergegangen. Das heißt, bis dahin wird Brei gefüttert. Dieser wird zwar mit der Zeit dickflüssiger und stückiger, aber es wird weiterhin Brei gefüttert.
Studien zeigen, dass Babys, die nach 9 Monaten noch fein pürierte Breie bekommen, häufiger ein wählerisches Essverhalten (Picky Eating) entwickeln. Auch insgesamt wurden hier mehr Schwierigkeiten mit unterschiedlichen Konsistenzen und Texturen festgestellt.
Das heißt, dass auch Babys, die mit Babybrei starten, im Alter von 9 Monaten verschiedene Texturen selber essen sollten.
Wie sieht der Beikostplan aus?
Der offizielle Beikostplan veranschaulicht die Empfehlungen für die Säuglingsernährung im 1. Jahr. Er gibt an, wann welcher Brei in welchen Mengen angeboten werden soll, in Ergänzung zu den Milchmahlzeiten.
Es gibt Situationen, in denen es für Familien hilfreich ist, die Beikost mit Hilfe dieses Plans für Babybrei einzuführen. Achte dabei immer auf dein Baby. Wenn es ihm zu schnell geht, muss der Plan entsprechend angepasst werden.
Der 1. Brei: Gemüse-Kartoffel-Fleisch-Brei
Beruhend auf den Empfehlungen des Forschungsinstituts für Kinderernährung wird als Erstes der Gemüse-Kartoffel-Fleisch-Brei eingeführt, z. B. mittags. Dieser besteht aus den folgenden Zutaten:
- Gemüse: enthält viele wichtige Nährstoffe
- Kartoffeln: oder Nudeln, Reis und andere Getreidearten, liefern die Energie (=Kohlenhydrate), die Babys brauchen
- Fleisch: oder Fisch, enthält bioverfügbares Eisen, das der Körper besonders gut aufnimmt
- Öl: fördert die Aufnahme fettlöslicher Vitamine und liefert wichtige Fette
- Vitamin C: erhöht die Aufnahme des Eisens
Selber gekochter Babybrei muss nicht jeden Tag Fleisch enthalten. Bis zu 5-mal die Woche kann Fleisch oder Fisch in den Brei (z. B. 3-mal Fleisch und 2-mal Fisch).
Bei gekauftem Brei sollte es jeden Tag ein Brei mit Fleisch oder Fisch sein, da der Fleischanteil im Gläschen relativ gering ist.
Um die Eisenaufnahme zu fördern, wird dem Babybrei Vitamin C zugefügt. Das kann durch Vitamin C reiches Gemüse erfolgen, wie z. B. Brokkoli, oder durch einen Schuss Orangensaft (100% Frucht oder selber gepresst).
Der 2. Brei: Milch-Getreide-Brei
Laut Beikostplan wird etwa ein Monat nach Beikoststart der zweite Brei angeboten, z. B. am Abend. Hier gibt es gewöhnlich einen Milch-Getreide-Brei. Dieser enthält:
- Kuhmilch: liefert viel Kalzium
- Getreide: enthält wichtige Mineralstoffe, Ballaststoffe und versorgt das Baby mit Energie (= Kohlenhydrate)
- Obst: ist voller Vitamine und verleiht dem Brei zusätzlich eine leichte Süße, was Babys gerne mögen
Auch mit Muttermilch oder Folgemilch lässt sich der Babybrei anrühren.
Das Vitamin C im Obst fördert die Aufnahme des im Getreide enthaltenen Eisens und stärkt das Immunsystem. Kuhmilch wiederum hemmt die Eisenaufnahme, daher ist diese Mahlzeit nicht so reich an Eisen.
Aber das ist okay, da der Gemüse-Kartoffel-Fleisch-Brei die tägliche eisenreiche Mahlzeit darstellt.
Der 3. Brei: Getreide-Obst-Brei
Im Beikostplan wird rund zwei Monate nach dem ersten Brei der Getreide-Obst-Brei eingeführt.
Die Zubereitung erfolgt wie beim Milch-Getreide-Brei: Jedoch wird hier keine Milch verwendet, sondern Wasser.
Das liegt daran, dass Babys unter 1 Jahr nicht mehr als 200 ml Milch am Tag bekommen sollten. Diese Menge ist gewöhnlich bereits im Milch-Getreide-Brei enthalten.
Als Getreide- und Obstzutaten eignen sich dieselben, wie beim Milch-Getreide-Brei. Auch hier wird, gerade beim Obst, Abwechslung empfohlen.
Muss mein Baby zusätzlich etwas trinken?
Ab dem 3. Brei benötigt das Baby, zusätzlich zur Muttermilch, etwa 200 ml Flüssigkeit am Tag. Bei Krankheit wie Fieber oder starkem Durchfall kann es mehr sein.
Da 200 ml für Babys schon eine ordentliche Menge ist, kann bereits ab dem ersten Brei ein bisschen Wasser zum Trinken angeboten werden.
So hat dein Baby genügend Zeit, zu lernen, wie es mit dem Becher umgeht.
Das beste Getränk für Säuglinge (und Kinder) ist Wasser. Dieses kann (in Deutschland) direkt aus der Leitung kommen, ohne dass es vorher abgekocht werden muss.
Allerdings sollte das Wasser kalt und frisch sein. Daher den Wasserhahn erst auf kalt stellen, einige Sekunden laufen lassen und dann Wasser in den Becher füllen.
Auch ungesüßte Früchte- und Kräutertees sind ab und zu eine Option. Der Tee wird für Babys dünn gekocht (z. B. ein Teebeutel pro Kanne) und muss immer mit sprudelnd kochendem Wasser übergossen werden.
Anschließend den Tee auf Körpertemperatur abkühlen. Kalt schmeckt er auch.
Tipp: Bei Instant-Tees wird oft ein Süßungsmittel zugefügt, was für Babys nicht gut ist.
Babybrei ohne Beikostplan
Die oben genannten Gründe machen deutlich, dass der Beikostplan kritisch zu hinterfragen ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Beikosteinführung mit Babybrei grundsätzlich verkehrt ist.
Auch mit Babybrei kann der Beikoststart babygerecht gestaltet werden, und zwar wenn:
- Baby und Eltern gemeinsam die Entscheidung treffen, ob die Beikost mit Brei, breifrei oder einer Kombination aus beidem erfolgt
- die Signale des Babys erkannt und respektiert werden
- Fingerfood und Variation der Lebensmittel früher angeboten wird
Babybrei oder breifrei
Es sind zunächst die Eltern, die sich über die Beikostwege informieren und entscheiden, welcher Weg ihrer Meinung nach der Beste ist.
Wird dann mit der Beikost begonnen, sollte auch das Baby eine Möglichkeit bekommen, zu entscheiden.
Es gibt Babys, die Babybrei nicht mögen und selber essen wollen. Das ist häufig der Fall, wenn es ältere Geschwister hat. Denn dann möchte das Baby auch so essen, wie die Großen.
Andere Babys finden es super, gefüttert zu werden und haben gar kein Interesse an Fingerfood. Daher ist es wichtig, bei der Entscheidung ob Babybrei oder BLW (breifreies Baby Led Weaning) auch die Vorlieben des Kindes zu berücksichtigen.
In manchen Situationen ist dies jedoch schwierig umzusetzen. Wenn beispielsweise in der Krippe lediglich Babybrei angeboten wird, das Baby aber gerne Fingerfood essen möchte.
In solchen Fällen kann es hilfreich sein, eine Kombination aus Babybrei und breifreier Beikost anzubieten (z. B. Babybrei in der Krippe und Fingerfood daheim).
Signale des Babys beachten
Bei einer babygerechten Beikost ist es wichtig, die Signals des Kindes aktiv zu beachten und zu respektieren.
Babys haben einen guten, angeborenen Instinkt, der ihnen sagt, wie viel oder wenig Essen sie brauchen und auch, welche Nährstoffe sie benötigen. Darauf können und sollen Eltern vertrauen.
Das heißt, dass Eltern auf Hunger- und Sättigungssignale des Babys achten und entsprechend reagieren. Das Kind wird nie dazu gezwungen oder mit Druck ermutigt, mehr zu essen (“Hier kommt das Flugzeug!”).
Variation der Lebensmittel
Lebensmittel brauchen nicht nacheinander und mit einigen Tagen Abstand eingeführt werden. Bereits ab Beikoststart können verschiedene Lebensmittel angeboten werden.
Auch allergene Lebensmittel können und sollen ab Beginn der Beikost angeboten werden. Hier ist es jedoch gut, diese einzeln anzubieten. Ansonsten ist es bei einer allergischen Reaktion schwer, zu erkennen, welches allergene Lebensmittel diese ausgelöst hat.
Tipp: Allergene Lebensmittel werden zunächst in sehr kleiner Menge angeboten. Wird diese gut vertragen, wird die Menge über die Zeit erhöht.
Früherer Übergang auf eigenständiges Essen
Um ein gutes Essverhalten des Kindes zu fördern, sollte beim Füttern von Babybrei zeitnah auf eine stückigere Konsistenz übergegangen werden und dann auf Fingerfood.
Daraus ergeben sich folgende Phasen:
- fein pürierter, dünnflüssiger Brei
- festerer Brei
- stückiger Brei
- grober Brei (lediglich mit der Gabel zerdrückt)
- Fingerfood
Zwischen diesen Phasen können wenige Tage oder auch ein paar Wochen liegen. Sobald das Baby eine Phase gut beherrscht, wird die nächste Phase angeboten.
Tipp: Gebe deinem Baby auch häufiger einen mit Brei gefüllten Löffel in die Hand, den es selber in den Mund stecken kann.
Fazit zum Beikostplan
Es gibt mehrere Gründe, warum der Beikostplan zu kritisieren ist. Wer die Beikost für sein Baby mit Babybrei beginnen möchte, sollte dies auf eine babygerechte Art tun.
Starte erst mit Babybrei, wenn alle drei Beikostreifezeichen erfüllt sind. Achte immer auf die Hunger- und Sättigungssignale deines Kindes und fange frühzeitig an, die Lebensmittel zu variieren und neue Konsistenzen anzubieten.
** Die hier festgehaltenen Informationen beruhen auf ausführlicher Recherche sowie meinen persönlichen Erfahrungen als Mutter. Ersuche im Zweifel den Rat eines Arztes oder eines Ernährungsberaters. Und lasse dein Baby niemals beim Essen alleine.
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